Sehr geehrte Damen und Herren.
Ich möchte mich hier einmal zu ihrem Artikel "Gewalt ohne Grenzen - Brutale Computerspiele im Kinderzimmer" äussern.
Ich selbst bin nicht unbedingt ein regelmäßiger Computerspieler, da ich meine Zeit lieber mit kreativer Arbeit am Computer verbringe. Dennoch nehme ich auch das ein oder andere Mal ein Spiel zu Hand, welches Gewalt beinhaltet.
Zur Information, ich bin 22 Jahre alt und studiere Informatik an der Universität Bonn. Ich habe mir mit 16 Jahren sehr gern die Zeit mit "Mortal Kombat" vertrieben, einem Spiel wo dem Spieler die Möglichkeit gegeben ist, seinen Gegner virtuell zu "zerstückeln". Dennoch bin ich im realen Leben erklärter Pazifist, ich habe bisher noch niemals in meinem Leben Gewalt ausgeübt und gedenke auch, dies niemals zu tun.
Wie passt das ganze zusammen?
Schauen wir einmal in das Feld der Medienpädagogik. Laut medienpädagogischen Erkenntnissen ist zum Erlernen einer gewaltbetonten Verhaltensweise eine sogenannte "Doppelte Dosis" vonnöten. Das bedeutet, ein einfaches Gewaltspiel wird nicht reichen, um einem Kind tatsächlich derartiges Verhalten "anzuerziehen" wie es in ihrem Artikel beschrieben wird. Um Gewalt wirklich zu erlernen wird eine "doppelte Dosis" benötigt. Also beispielsweise zusätzlich ein Elternhaus in dem Gewalt toleriert oder sogar als Mittel propagiert wird. Oder eine Schule in der das Kind gewalthaltige Verhaltensmuster erlernt. Wo liegt dort also die Zuständigkeit? Bei den Eltern und Pädagogen. Kein Kind wird nur von Gewaltspielen Gewalt lernen, es muss immer noch ein zweiter Faktor vorhanden sein.
Schauen wir uns dann einmal an, wie es mit dem Unterschied zwischen Realität und Fantasie aussieht. Jedes kind darf sich Tom und Jerry ansehen. Oder die Tiny Toons. Auch wenn dort den Leuten Ambosse auf den Kopf fallen, die sie zerstampfen, oder sie in Mixer geworfen werden, scheint das niemanden zu stören. Gewalt ist in derartigen Sendungen Alltag, dennoch wird dagegen nicht gewettert. Warum nicht? Weil es nicht realistisch ist. Doch ich frage sie ernsthaft, wie Kinder lernen sollen, daß Gewalt wirklich weitreichende, schreckliche Konsequenten nach sich zieht, wenn sie in "ihren" Medien genau das Gegenteil erfahren. Wenn Super Mario auf einen Gegner springt, sieht das sehr süß aus wie der Gegner dann platt ist, aber es ist Gewalt, die nicht ihren realistischen Ausgang findet, sondern "schön gezeigt" wird. Daher stelle ich die Frage, wieso man diese Medien nicht in die Kritik nimmt?
Ich persönlich habe Gealt in Videospielen immer als etwas ähnliches empfunden, wie Gewalt in derartigen Serien. Denn ich wusste auch als Jugendlicher, daß die Gewalt nicht real ist. Es sind Pixel bzw. Polygone, Bildpunkte, die dort sind. Mehr nicht. Ein wirkliches Hilfsmittel wäre für Jugendliche und Kinder, die im Umgang mit diesen Medien stehen, sei es nun das alltägliche Tom und Jerry oder eben die Videospiele mit Gewaltinhalt, ein klärendes Gespräch mit den Eltern nach dem Konsum dieser Medien. Ein Gespräch in dem die Eltern klären sollten, daß das, was gespielt wirde, nicht echt ist und Gewalt in der Realität etwas schlimmes ist. Ein Kind, welches klar von Realität und Spielwelt unterscheiden kann und lernt, daß in der Realität Gewalt weder ein Mittel noch ein Weg ist und daß Gewalt in der Realität einfach schrecklich ist, wird auch nicht von Gewaltspielen gewalttätig. Verfehlen nicht die Eltern und die Pädagogen ihre Aufgaben, wenn sie das versäumen?
Ich fahre fort mit dem dritten Punkt meiner Argmentation und der kommt aus der Psychologie selbst. Siegmund Freud hat damals schon festgestellt, daß das Triebleben eines Menschen hauptsächlich in zwei Teile unterteilt ist. Der eine Teil ist die Libido, der Drang nach Liebe, Zuneigung und ähnlichen Dingen, der andere ist der Agressionstrieb, der Drang nach Zerstörung, Wut, vielleicht sogar schlimmerem. Siegmund Freud und die freudsche Lehre spricht aber auch davon, daß der Aggressionstrieb in gesellschaftlich verträgliche Bahnen gelenkt werden kann, unter anderem durch Ausübung von Kampfsportarten, allgemein durch Sport, durch Wettkämpfe oder auch durch den Wurf von einfachen "Wutbällen" (Softbälle, die man mit voller Wucht gegen die Wand werfen kann, wenn die Wut überhand nimmt). Man spricht hierbei von "Sublimierung". Untersuchungen haben herausgefunden, daß die Gewalt und der Stress, der in den Spielen auf den Spieler zukommt, durchaus auch als "Sublimierung" des Aggressionstriebes funktioniert. Die Jugendlichen bauen Stress ab, lenken ihren Aggressionstrieb in Bahnen in denen er der Gesellschaft nicht schadet, sondern nur den Polygonnachbildungen auf dem Bildschirm. Wie soll etwas gelernt werden, was eigentlich fähig dazu ist, eine Verhaltensweise in Bahnen zu lenken? Auch hier sind viel eher die Eltern gefragt, die ihrem Kind beibringen sollten, daß diese Spiele nicht toll sind, aber so lange okay, wie die Gewalt im Spiel bleibt und nicht nach aussen getragen wird.
Zusammengefasst heisst das: Nicht die Gewaltspele sind Schuld an gealtbereiten Jugendlichen. Vielmehr ist zu beachten, daß die Eltern der wirklich gewaltbereiten Jugendlichen wohl ihre Pflichten als Eltern versäumt haben, denn sie haben es weder geschafft, ihrem Kind beizubringen, daß Gewalt etwas schlechtes ist, noch haben sie es geschafft, ihrem Kind beizubringen, Realität und Fiction zu unterscheiden.
Ich wage es auch, die Herangehensweise ihres Redakteurs arg zu bezweifeln.
Allein der Titel des Artikels erinnert mich eher an die Herangehensweise einer Bild-Zeitung, als an einen Bericht eines öffentlich-rechtlichen Senders. Der Titel ist reisserisch, meinungsmachen, skandalisierend. Ein Sender den ich mit meinen GEZ Gebühren bezahle sollte informativ sein, nicht parolisierend und pauschalisierend.
Auch was das Wrestling angeht, scheint entweder nicht genügend Recherche passiert zu sein oder es scheint nicht genügend Recherche gewollt worden zu sein, ansonsten hätte diese nämlich zutage gebracht, daß Gewalt im Wrestling niemals real ist. Wrestling ist eine Art Schaukampf, den es schon seit Jahrzehnten gibt, bei dem sich die Protagonisten aber niemals wirklich verletzen. Die Kampfhandlungen werden gespielt, nachgestellt, nichts von dem ist reale Gewalt. Wrestling ist ein Schaukampfsport. Mehr nicht.
Ich möchte hiermit noch einmal betonen, daß ich selbst ein erklärter Pazifist bin und ein Beispiel für den Menschen, von dem man erzählt, er könne keiner Fliege etwas zuleide tun, bin.
Dankeschön
Fabian Jakubik